Leseprobe aus „Begegnungen in Schweden“ von Wolfgang Kirks

 Kapitel „Begegnungen in Schweden, Teil I“

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Auf der kurzen Überfahrt beobachtete ich ein hübsches, blondes Mädchen, das mit ihren El­ tern unterwegs war. Ich schätzte sie auf 18 Jahre. Sie war so fröhlich und ihr helles Lachen überbrückte das Brummen der schweren Dieselmotoren. Ich nahm sofort an, dass sie aus Schweden sein müsste. Sie sah genau so aus, wie wir deutschen Jungs uns damals eine Schwedin vorstellten: mit blonden, langen Haaren, blauen Augen, Stupsnase, leicht gebräun­ ter Haut und mit langen schlanken Beinen. Niemand zuhause kannte wirklich ein schwedi­ sches Mädchen, aber diese Traumfrauen waren umhüllt von einer geheimnisvollen Aura. Sie sollten ja in der Liebe und im Sex so unwahrscheinlich frei und locker sein. Erzählungen, Fo­ tos und skandalumwitterte Filme wie „Sie tanzte nur einen Sommer“ taten ihr übriges, um deutsche Jungs und Männer neugierig zu machen. Aber ich war ja noch viel zu schüchtern und unerfahren, um ein nordisches Traumgirl anzusprechen oder anzubaggern. Man musste sich damals auch nicht schämen, in meinem Alter noch nicht allzu viel Erfahrung mit Mäd­ chen gehabt zu haben. Mal ein flüchtiger Kuss oder ein bisschen Knutschen vor der Haustür, mehr war oft bei „anständigen“ deutschen Mädels nicht drin.

Aber dieses süße Girl auf der Fähre hatte es mir sofort angetan und ich war happy, als sie mich einen kurzen Augenblick musterte und mich einfach so aus heiterem Himmel anlächelte. Im Gewühl der aussteigenden Menschen und ausfahrenden Fahrzeuge verlor ich sie aus den Augen. Aber jetzt konzentrierte ich mich wieder voll auf den Fußball und das bevorstehende Spiel unserer Mannschaft gegen die Tschechoslowakei hier in Hälsingborg.

Das warme Sommerwetter war vorbei, es hatte geregnet und war sehr kühl geworden. Ich zog mein dünnes Regencape an und war pünktlich im Stadion, das sehr klein war und hinter den Toren gab es keine Tribünen, man stand dort auf kleinen Treppenstufen, dicht an dicht und musste über die Köpfe der vor einem stehenden aufs Spielfeld schauen. Aber viel mehr als 15.000 Leute passten wohl auch nicht in dieses alte Stadion Der Regen hatte aufgehört und ich sah den schwedischen König die Mannschaften mit Handschlag begrüßen. Hier bemerkte ich auch erstmals einige deutsche Schlachtenbummler. Das Spiel der deutschen Mannschaft aber hat mich viel Nervenkraft gekostet. Eigentlich bin ich ja ein eher ruhiger, stiller Mensch , aber das grottenschlechte Spiel der Deutschen machte mich zum Wilden. Besonders die meiner Meinung nach indiskutable Leistung unseres Linksaußen Berni Klodt brachte mich zur Verzweiflung und ich ging völlig ungewohnt aus mir heraus, ich schrie und schimpfte und pfiff und fuchtelte mit den Armen herum. Ja, und dabei passierte es ! Ich hörte einen entsetz­ ten Schrei hinter mir und sah mich erschrocken um .

Und dann stand ich vor ihr, dem lustigen Mädchen von der Fähre! ....